Die OHE in Berlin-West nach 1949
Die Trennung wird vollzogen
Trotz der nun vollendeten Teilung der OHE und deren endgültige Verstaatlichung in der DDR konnte immer noch unter großen Mühen ein Personenverkehr mit zwei Zugpaaren täglich über die Stadtgrenze nach Nieder-Neuendorf aufrecht erhalten werden. Den Triebwagenverkehr von Henningsdorf nach Spandau-West hatte die Deutsche Reichsbahn kurz nach der Übernahme eingestellt. Die OHE fuhr nun dampfbespannte Züge von Bahnhof Spandau-West bis nach Bahnhof Nieder-Neuendorf. Von dort fuhr nun die Deutsche Reichsbahn dann weiter über Bötzow nach Nauen und Velten. Am 21. August 1950 wurde dieser Verkehr auf höhere Weisung der DDR-Organe eingestellt und der Streckenabschnitt von Bürgerablage nach Nieder-Neuendorf stillgelegt. Mit der Einstellung des grenzüberschreitenden Verkehr wurde auch der Personenverkehr von Spandau-West bis Bürgerablage eingestellt.
Mit der Beschlagnahme der in Berlin befindlichen Betriebsanlagen, des Fuhrpark und dem Vermögen der OHE durch die Britische Militärregierung 1948 sowie der Einrichtung der Betriebsverwaltung Spandau der Osthavelländischen Eisenbahn auf dem Bahnhof Johannesstift war die Voraussetzung für den alleinigen Betrieb auf dem Reststück Spandau-West nach Bürgerablage geschaffen. Jedoch sank das Güteraufkommen nach der Trennung 1950 auf unter 100.000 Tonnen. 1948 waren noch 125.000 Tonnen über die Gleise der alten Bötzowbahn transportiert worden.
Das Dampflokzeitalter läuft aus
Für den verbliebenen Güterverkehr reichten die drei C-gekuppelten Dampflokomotiven B-Sp 3, B-Sp 4 und WHKB 3 vorerst aus. Allerdings war der Zustand von B-Sp 3 so schlecht, das Sie Anfang 1950 zu einer mehrere Wochen dauernden Generalüberholung bei Dyckerhoff & Widemann abgestellt wurde. 1952 hob die Britische Militärregierung die Beschlagnahme auf und stellte die OHE unter die treuhändische Verwaltung des Berliner Senat. Der übertrug die Betriebsverwaltung vorläufig den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Fortan nannte sich die OHE Osthavelländische Eisenbahn Berlin-Spandau (OHE-SP). Im laufe des Jahres 1952 wurde dann auch die Verbindungskurve der Straßenbahn am Bahnhof Johannesstift zurückgebaut.
Mittlerweile begann man auch darüber nachzudenken, die über 40 Jahre alten Dampfloks gegen wartungsfreundliche Diesellokomotiven auszutauschen. 1948 hatte man sich von den Berliner Verkehrsbetrieben eine von der AEG 1924 gebaute Benzollokomotive ausgeliehen. Mitte des Jahres 1952 erwarb man diese Lok für 8.000,00 DM und bezeichnete sie als L1. 1953 wurde die AEG-Lok dann bei Dyckerhoff & Widemann mit einen stärkeren Dieselmotor versehen. Im Dezember 1954 erwarb man von Jung Jungethal eine RK 20 B und Mitte 1955 als erste Diesellokomotive dieser Serie überhaupt eine R 42 C. Die Diesellokomotiven erhielten die Betriebsnummer DL 2 und DL 3. Damit konnten die Dampflokomotiven endgültig abgestellt werden. 1954 war schon B-Sp3 abgestellt und an die Tegeler Maschinen- und Gerätebau GmbH verkauft worden. 1955 wurden dann B-Sp 4 und WHKB 3 abgestellt, obwohl diese zuvor noch mit elektrischer Beleuchtung ausgerüstet worden waren. 1957 wurden diese Lokomotiven dann verschrottet.
Die OHE-SP expandiert
Das Güteraufkommen in den 50ziger Jahren lag bei 150.000 bis 200.000 Tonnen. 1957 begannen aber von seiten der Berliner Elektrizitätswerke AG (BEWAG) Überlegungen, das Kreiskraftwerk Spandau als Kraftwerk Oberhavel auszubauen bzw. neu zu erbauen. Das Baumaterial und auch später die Brennstoffe sollten ausschließlich über die Bahn angeliefert werden. Um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden, begann man mit der Sanierung der Gleise und deren Oberbau und man bestellte bei Jung Jungethal eine Diesellokomotive der Baureihe R 60 D, die 1961 ausgeliefert und als DL 4 in den Bestand aufgenommen wurde. Mit der Inbetriebnahme der ersten Kraftwerksstufe 1961 stieg das Transportaufkommen auf über 340.000 Tonnen. Pünktlich mit der Inbetriebnahme der zweiten Kraftwerksstufe auf nun 2 x 100.000 KW wurde im Februar 1964 von Jung die R 60 D mit der Betriebsnummer DL 5 ausgeliefert. Gleichzeitig stieg das Transportaufkommen auf über 590.000 Tonnen. Mit der Auslieferung der letzten Jung R 60 D als DL 6 im Mai 1966 wurde die RK 20 B an die Neuköllner Industriebahn verkauft. Das Transportaufkommen pendelte sich bei ca. 550.000 Tonnen ein.
Täglich bis auf die Sonntage fuhr nun mindestens ein aus 17 Wagen bestehender Kohlenganzzug mit 850 bis 900 Tonnen beladen vom Kleinbahnhof Spandau-West zum Kraftwerk Oberhavel. Im Bahnhof Johannesstift wurde er dann geteilt und als Halbzug zum Schlitzbunker des Kraftwerk gefahren. Über die Industriebahn Hakenfelde wurden Britische Militärdepots, BAT (British American Tobaco), die Bergmann Kabelwerke AG, Großtanklager der BP sowie diverse kleinere Unternehmen bedient. 1970 verkaufte man die wegen Ihrer geringen Leistung nur noch sporadisch eingesetzte R 42 C .
Die OHE wird wieder zur Aktiengesellschaft
Am 12. April 1972 wurde die Osthavelländische Eisenbahn Berlin-Spandau AG zur Umgehung der umständlichen Treuhandverwaltung aufgrund des Rechtsträger-Abwicklungsgesetzes noch einmal neu gegründet. Dabei wurden die Aktien gemäß den Vorkriegsverhältnissen neu verteilt. Die in der DDR liegenden Träger wurden allerdings durch die Deutsche Ausgleichsbank vertreten. Die BVG erhielt 11 % der Anteile. Mit der Neugründung wurden auch die Lokomotivbezeichnung geändert. Aus DL 4 bis 6 wurde nun Lok 4 bis 6. Im Juni 1972 erhielt die OHE von Jung eine RC 70 und reihte Sie als Lok 7 in den Bestand ein. Diese Diesellokomotive blieb ein Unikat, war Sie doch die einzige von Jung entwickelte und gebaute Drehgestelllokomotive.
1973 begannen im Bahnhof Johannesstift die Arbeiten an einer neuen Werkstatthalle mit angebauten Verwaltungstrakt westlich des alten Empfangsgebäude. Über ein neues Stellwerk wurden fortan die Streckensignale sowie die Weichen und Signale der Industriebahn Hakenfelde in der Streitstraße fernbedient. Nach Abschluß der Bauarbeiten brach man das alte im Krieg stark beschädigte Empfangsgebäude und die ehemalige Triebwagenhalle ab. Nur der alte Kleinbahnsteig von 120m Länge blieb erhalten. Im März 1978 kaufte die OHE erstmals keine Jung-Lokomotive sondern von MaK eine vierachsige Drehgestelllokomotive der Bauart G 1202 BB und reihte Sie als Lok 8 in Ihren Bestand ein. Dafür wurde im darauf folgenden Jahr die 1961 erworbene R 60 D - DL 4 abgegeben. Das Transportvolumen pendelte sich mittlerweile auf 700.000 bis 750.000 Tonnen pro Jahr ein. Davon entfielen ca. 250.000 Tonnen auf die Schüttkohleanlieferung für das Kraftwerk Oberhavel, das damit der größte Kunde der OHE war. Bis Mitte der 80ziger Jahre konnte man dieses Volumen halten. 1986 schlossen zwei bedeutende Anschließer, darunter das Großtanklager BP mit ca. 200.000 Tonnen Transportvolumen Ihre Tore. Danach pendelte sich das Transportvolumen bis zur Wende im November 1989 auf ca. 500.000 bis 600.000 Tonnen pro Jahr ein.