Die Streckenerweiterungen bis 1912
Die Kleinbahn Nauen-Velten
Im Jahre 1900 beschloß der Osthavelländische Kreistag den Bau und Betrieb der drei genannten Kleinbahnen Nauen-Velten, Bötzow-Spandau und Spandau-Cladow. Den Auftrag hierzu erhielt wieder die OHKB. Auch hier stellten sich wieder vielfältige Hindernisse in den Weg. Die preußische Staatsbahn plante den großzügigen Umbau der Spandauer Bahnanlagen bis nach Wustermark / Elstal. Daher mußten die Strecken von Bötzow nach Spandau und von Spandau nach Cladow erst einmal zurückgestellt werden.
Nach langen Verhandlungen mit den Anliegern der Kleinbahn Nauen-Velten wurde am 23. April 1903 vom Regierungspräsidenten in Potsdam die Konzession erteilt. Sofort nach der Erteilung wurde mit dem Bau begonnen. Am 1. Oktober 1904 konnte die Kleinbahn den Personen- und Güterverkehr eröffnen. Die Gesamtlänge der Kleinbahn betrug 25,62 Kilometer, die gesamte Gleislänge 30,80 Kilometer, die größte Steigung 1:200 und der kleinste Kurvenradius 300 m. Die Baukosten betrugen 1.049.758,50 Mark und wurden zur Hälfte vom Landkreis Osthavelland und je ein Viertel als Beihilfe vom preußischen Staat und der Provinz Brandenburg erbracht. Grund und Boden wurde von den berührten Gemeinden und Gütern kosten- und lastenfrei überlassen. Eigentümer der Strecke war der Landkreis Osthavelland, Betreiber die OHKB, die zur Aufnahme des Betriebes zwei C-gekuppelte Dampflokomotiven von der Lokomotivfabrik Schwartzkopf (siehe Fahrzeugbestand) erwarb, diese mit den Betriebsnummern NV 1 und NV 2 versah und in Velten stationierte.
Die Kleinbahn Bötzow-Spandau
Die Ausführung der Strecke von Bötzow nach Spandau ließ weiter auf sich warten. 1905 hatte die preußische Staatsbahn mit den Arbeiten an der Umgestaltung der Spandauer Bahnanlagen und deren Höherlegung begonnen. Trotz langwieriger Verhandlungen konnte man sich nicht über einen Standort eines Kleinbahnhofes einigen. Zudem war man sich über die Trassenführung von Bötzow nach Nieder – Neuendorf nicht einig, da auch die Industrieansiedelungen an der Kremmener Bahn einen Anschluß anstrebten. Auch der Magistrat der Stadt Spandau wollte ein Wort mitreden, gab es doch Planungen, die alte Trasse der Spandauer Kriegsbahn am Hohenzollernring zu nutzen und die Bahn teilweise als Einschnittbahn zu verlegen.
Dem Stand wiederum die Umgestaltung der alten Festungsanlage im Wege. Letztendlich einigten sich der Magistrat und der Landkreis für eine großzügige Umfahrung Spandaus und eine Einführung der Bahn in der Nähe des Spandauer Schlachthofes an der Staakener Straße. Von Bötzow wurde eine direkte Linienführung nach Nieder – Neuendorf gewählt und der in Henningsdorf ansässigen Industrie wurde ein direkter Eisenbahnanschluß nach Nieder – Neuendorf gewährt. Wie schon bei dem Bau der Nauen-Veltener Strecke sollten die anliegenden Gemeinden und die Stadt Spandau den Grund und Boden kosten- und lastenfrei zur Verfügung stellen. Eigentümer war wieder der Landkreis Osthavelland, Die OHKB erhielt den Auftrag zum Bau und Betrieb der Strecke.
Bahnhof Bötzow um 1929. Vom vorderen Gleis 1 fuhren die Züge nach Spandau Kleinbahnhof, von Gleis 2 nach Velten (Mark). Rechts erkennt man das eingeschossige Empfangsgebäude. (Foto: AG-OHKB e.V.)
Am 3. April 1907 erteilte der Regierungspräsident in Potsdam die Konzession. Kurz darauf wurde mit dem Bau der Strecke von Bötzow bis zum Bahnhof Spandau-West begonnen. Am 1. August 1908 wurde der Güterverkehr zwischen Bötzow und dem Bahnhof Johannesstift, sowie der Anschluß zur städtischen Anschlußbahn Spandau (Industriebahn Hakenfelde) aufgenommen. Gerade der Industriebahn war der Anschluß wichtig, war doch am 7. Dezember 1907 die Spandauer Kriegsbahn stillgelegt und kurze Zeit später abgebaut worden. Waren die Arbeiten bis zum Bahnhof Spandau schon weit vorangeschritten so waren die Umbauarbeiten an der preußischen Staatsbahn noch immer nicht abgeschlossen.
Zum 1. September 1909 konnte der Personenverkehr nach Johannesstift aufgenommen werden, am 15. Dezember 1909 ein provisorischer Übergang in Spandau zur preußischen Staatsbahn und endlich, nachdem die Bahnanlagen der preußischen Staatsbahn fertiggestellt waren, zum 1. Mai 1912 der Gesamtverkehr bis zum Kleinbahnhof Spandau-West aufgenommen werden. Die Gesamtkosten für die 17,2 km lange Strecke beliefen sich auf ca. 1.650.000 Mark. Ein Großteil davon entfiel auf die Brückenbauwerke zur Unterführung der Hamburger Bahn und zur Überführung Nauener Straße der Bahn in den Kleinbahnhof Spandau-West.
Für die Fahrgäste wurde der Zugangstunnel von der Seegefelder Straße aus zu den Vorortbahnsteigen der preußischen Staatsbahn verlängert und endete nun am Kleinbahnsteig. Für die Betriebsführung schaffte die OHKB von der Lokomotivfabrik Borsig 1907 eine und 1908 zwei C-gekuppelte Dampflokomotiven mit den Betriebsnummern B-Sp 3 bis B-Sp 5 (siehe Fahrzeugbestand) an und stationierte diese in Johannesstift.
Die nicht ausgeführte Kleinbahn Spandau-Cladow
Schon 1888 plante die preußische Staatsbahn eine Eisenbahnverbindung zwischen den Städten Spandau und Potsdam. Allerdings mangelnde es am notwendigen Interesse des preußischen Handelsministeriums, so das die Pläne rasch wieder aufgegeben wurden.
Um 1898 gab es Ideen des Kreises Osthavelland für eine Überlandstraßenbahn zwischen Spandau, Kladow und Potsdam (über Krampnitz und Nedlitz). Diese Bahn sollte zwischen Spandau und Nedlitz dampfbetrieben und bis Potsdam mit Akkumulatoren elektrisch betrieben werden. Diese Planungen wurden durch Schwierigkeiten mit der Einbindung der Bahn ins Spandauer Stadtgebiet und der fragwürdigen Notwendigkeit in den Landstrichen zwischen Kladow und Nedlitz, die wegen des dominierenden Truppenübungsplatzes fast unbesiedelt waren, aufgegeben.
Zwei Jahre später wurden die Planungen noch einmal ernsthaft aufgenommen, allerdings nun als Kleinbahn Spandau-Cladow. Der Osthavelländische Kreistag beschloß den Bau der Kleinbahn nach Vollendung der Bauarbeiten an den Strecken Nauen-Velten und Bötzow-Spandau. Den Betrieb sollte auch hier die OHKB durchführen. Die Planungen zogen sich bis 1912 wegen der Arbeiten an der Hochlegung der Spandauer Bahnanlagen hin. Mit dem Abschluß der Bauarbeiten in Spandau-West waren die Pläne für eine Kleinbahn von Spandau nach Cladow dann endgültig zu den Akten gelegt worden, den die preußische Staatsbahn bestand nun auf eine niveaufreie Einführung in den Kleinbahnhof Spandau-West der OHKB und ein weiteres Brückenbauwerk samt Dammschüttung sowie der Ankauf von Grundstücken auf dem Gelände von Orenstein & Koppel konnte sich der Landkreis Osthavelland nicht leisten.